Porzellan-Kaffeegeschirr mit exotischem Motiv
› Detail › Porzellan-Kaffeegeschirr mit exotischem Motiv
Exponat des Monats 12/2024
Das Exponat des Monats Dezember wurde im Hinblick auf die laufende Ausstellung mit dem Titel „Von Most bis ans Ende der Welt“ ausgewählt, die die Museumsammlung exotischer Objekte aus allen Ecken der Welt präsentiert. Das Interesse an exotischen Ländern beeinflusste in verschiedenen Epochen das ästhetische Empfinden der Europäer und spiegelte sich in allen Arten von Kunst und Kunsthandwerk wider. Auch die Herstellung von Keramik und Porzellan in den böhmischen Ländern war davon nicht ausgenommen. Unser ausgestelltes Kaffeegeschirr wurde wahrscheinlich zwischen 1918 und 1938 in der Fabrik der Firma Victoria A. G. in Alt Rohlau hergestellt. Der Sammlungsservice ist nicht vollständig und umfasst insgesamt 9 Stücke Porzellanwaren. Er besteht aus einer großen Kaffeekanne, einer kleinen Milchkanne, zwei Zuckerdosen und fünf Tassen mit Untertassen. Alles ist aus feinem weißen Porzellan gefertigt, das Hauptdekor besteht aus farbigen Transfers und wird durch Handmalerei ergänzt, die Henkel und Griffe sind mit rotbrauner Glasur versehen. Das zentrale Motiv zeigt ein Paar weiblicher Figuren in traditioneller japanischer Kleidung – Kimono, in einer romantischen Landschaft mit einem Teich, einer Brücke, einem Pavillon und blauen Schwertlilien. Die Farbpalette des Dekors ahmt traditionelle japanische Muster nach.
Einige Stücke des Porzellans sind auf der Rückseite mit dem Herstellungszeichen „Viktoria Czecho – Slovakia“ versehen, das unter der Glasur in grüner oder blauer Farbe gedruckt und mit einer Ziffer ergänzt ist. Unser Exponat des Monats trägt ein Zeichen, dessen Hauptmotiv eine verzierte Krone mit der oberen Inschrift Victoria und der unteren Inschrift Czecho – Slovakia ist, die die ursprüngliche Inschrift Austria ersetzt hat. Die Fabrik verwendete im Laufe ihrer Geschichte mehrere Arten von Herstellungszeichen. Die Fabrik wurde 1883 in Alt Rohlau (heute Stadtteil von Karlsbad) gegründet und als Porzellanfabrik Victoria Schmidt & Co. eingetragen, später bekannt unter dem Namen Porzellanfabrik Victoria A. G. Eigentümer der Fabrik war die Londoner Firma Lazarus & Rosenfeld. Die Porzellanmanufaktur produzierte Konsumgüter für eine breite Klientel, aber auch für anspruchsvolle Abnehmer. Neben billigem Steingut, das als „Porelite“ bezeichnet wurde, produzierte die Fabrik in größerem Umfang eine ganze Palette von Porzellanwaren. Von weißem, völlig undecoriertem Porzellan über handbemaltes Porzellan in bunten Farben bis hin zu Porzellanwaren, die mit Farbendrucken verziert sind. Neben sehr beliebten Pflanzenmotiven waren auch sogenannte „Chinoiserien“ und „Japonerien“ gefragt (fantastische, pflanzliche, tierische und dekorative Muster, chinesische und japanische Landschaftsszenen mit figürlicher Staffage, die nach europäischen Vorstellungen im 17. – 19. Jahrhundert geschaffen wurden). In den zwanziger Jahren wurde das Sortiment um die Herstellung von Hilfsmaterialien (z. B. Farbstoffen) erweitert. Aufgrund der Wettbewerbsfähigkeit wurde in den dreißiger Jahren der Betrieb modernisiert und neue technologische Verfahren eingeführt. Die vielversprechende Entwicklung wurde mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gestoppt, als die deutsche Reichsverwaltung in die Firma eingesetzt wurde und von der traditionellen Produktion auf die Massenproduktion von Porzellangeschirr für die Bedürfnisse der deutschen Armee umgeschwenkt wurde (das Geschirr für die Angehörigen der SS hatte eine spezielle Kennzeichnung – unter der Firmenbezeichnung „Victoria“ stand der Schriftzug „Waffen SS“). Im Jahr 1944 wurde der Betrieb eingestellt und die Räumlichkeiten zur Lagerung von Flugzeugteilen genutzt.
Nach dem Krieg wurde die Fabrik verstaatlicht, mit einem weiteren Alt Rohlauer Porzellanwerk „Royal Epiag“ fusioniert und arbeitete dann im Rahmen des n. p. Starorolský porcelán, Stará Role. Im Jahr 1958 wurde sie bei der Reorganisation der Porzellanindustrie und der Schaffung der Fachdirektion Karlovarský porcelán, n. p., als Betrieb Stará Role II. eingegliedert. Vorübergehend wurde hier elektrotechnisches Porzellan hergestellt, nachdem dessen Produktion nach Loun verlagert wurde, wurde die Fabrik geschlossen. Im Jahr 1970 wurde der Betrieb Stará Role II. in eine Lehrwerkstatt umgewandelt.
Text und Foto: Dagmar Pícová