3.11.2016 - 3.1.2017
Die Ausstellung Brot für eine Million widmet sich der Zeit des finanziellen Zusammenbruchs der jungen Weimarer Republik, als der Wert der deutschen Mark während der schlimmsten Hyperinflation, die die Menschheit bis dahin erlebt hatte, dahinschwand. In der Nachkriegszeit waren zahlreiche Länder von verschiedenen Formen sozialer Unruhen und Revolutionen betroffen, deren Ursachen in wirtschaftlichen und monetären Problemen lagen. Die international politischen Umstände in Kombination mit einer fehlerhaften Geldpolitik führten dazu, dass gerade Deutschland von diesen negativen Phänomenen am stärksten betroffen war.
Die anfängliche Inflation hatte ihren Ursprung im Ersten Weltkrieg und war das Ergebnis der Finanzierung der Kriegsaufwendungen durch eine erhöhte Emission ungedeckter Banknoten anstelle einer Erhöhung der Steuereinnahmen. Auch nach dem Krieg setzte die deutsche Regierung zusammen mit der Reichsbank die Politik hoher Staatsausgaben fort, die zur Wiederbelebung der Nachkriegswirtschaft und zur Beruhigung der angespannten sozialen Situation im Land verwendet wurden. Diese Ausgaben wurden weiterhin durch eine erhöhte Emission ungedeckter Banknoten finanziert, für die die Reichsbank Staatsanleihen kaufte (sogenannte Monetarisierung der Schulden). Schuld daran war nicht nur die Regierung, die diese Politik auf die Zahlung von Reparationszahlungen abzuwälzen versuchte, sondern auch eine fehlerhafte Analyse der Situation durch deutsche Ökonomen und Geldpolitiker. Die unvermeidliche Folge dieser Politik war der Rückgang des Markkurses, begleitet von einem immer schneller ansteigenden Preisanstieg, der zu einem völligen Vertrauensverlust der Bevölkerung in das Währungssystem führte. Dies führte zu einem hyperinflationären Zusammenbruch des Finanzsystems, wie die Menschheit ihn noch nie erlebt hatte. Die Hyperinflation führte unter anderem zu erheblichen Vermögensverschiebungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, was zu einer sozialpolitischen Radikalisierung führte.
Die Inflation erreichte ihren Höhepunkt in den Herbstmonaten des Jahres 1923. Zu dieser Zeit beschäftigte die Reichsbank etwa 7.500 Menschen, die rund um die Uhr Banknoten auf Druckmaschinen druckten. Neben der staatlichen Druckerei waren noch weitere 133 Druckereien mit der „Massenproduktion“ von Banknoten beschäftigt. Die von der Reichsbank ausgegebenen autorisierten Banknoten hatten im Oktober 1923 einen Nennwert von mehr als 400 Billionen (400 000 000 000 000 000 000) Mark. Darüber hinaus zirkulierten im Land nicht autorisierte Banknoten mit einem Nennwert von 400 – 500 Billionen Mark. Dennoch gab es einen chronischen Mangel an Banknoten. Der Preisindex stieg insgesamt von 1913 bis November 1923 um mehr als 1,3 Billionen Mal. Auf dem Höhepunkt der Inflation verdoppelte sich das Preisniveau alle 49 Stunden. Hyperinflation ist einer der zerstörerischsten Prozesse, die eine Wirtschaft treffen können. In Deutschland verursachte sie eine beispiellose wirtschaftliche, soziale und moralische Katastrophe, deren Auswirkungen nur mit der Zerstörung vergleichbar waren, die später durch die Große Depression hinterlassen wurde. Die deutsche Krise zu Beginn der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts gehört zu den Ereignissen, die einen grundlegenden Einfluss auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts hatten.
Auch andere Staaten Mittel- und Osteuropas waren vom hyperinflationären Zerfall betroffen. Die Tschechoslowakische Republik konnte dank der gegeninflationären bzw. deflationären Politik von A. Rašín dem inflatorischen Zerfall entkommen, obwohl sie gezwungen war, die Hälfte der vorschuldenstaatlichen Schulden der k.u.k. Monarchie zu übernehmen und sogar gezwungen war, den Alliierten die Hälfte der geforderten Kriegsreparationen Österreich-Ungarns als sogenannten „Beitrag zur Befreiung“ zu zahlen. Auf der Friedenskonferenz im Jahr 1919 wurde sogar die Möglichkeit der Enteignung der Plzeňer Škodawerke als Form der Reparationen erörtert.